Wir haben es alle erlebt, wie sich der gewohnte Alltag in der Pandemie plötzlich grundlegend verändert und bis dahin völlig normale Verhaltensweisen eine andere Konnotation erhalten. Von einem Tag auf den anderen ist es gefährlich, Menschen zu treffen, besteht in alltäglichen Begegnungen das Risiko, sich mit einer potenziell tödlichen Krankheit anzustecken. Der Plausch mit der Kollegin an der Kaffeemaschine, das Trainieren im Sportstudio oder die wöchentliche Kartenrunde fallen von jetzt auf gleich weg. Wo es geht, arbeitet man im Homeoffice und bleibt zu Hause. Der Kontakt mit der Welt findet durch Schutzmasken und Glasscheiben statt. Man trägt Handschuhe und desinfiziert so viel wie möglich.
Die Mischung aus Angst vor der Krankheit und zunehmender Isolation durch vielfältige Alltagsbeschränkungen geht an uns allen natürlich nicht spurlos vorbei. Vor allem weil die Pandemie uns mit ihren Aufs und Abs nun seit mehr als zwei Jahren im Griff hat. Dazu kam bei einigen noch die Angst vor wirtschaftlichem Ruin. Wer sein Restaurant nicht öffnen konnte oder nicht auf die Bühne durfte, während Miete und Lebensmittel weiter bezahlt werden mussten, fühlte sich hilflos und geriet leicht in eine depressive Stimmung. Und das vor allem, weil es lange Zeit keine Aussicht auf Besserung gab.
Dabei sind zwar grundsätzlich alle von der Corona-Krise betroffen. Für manche Personengruppen, wie Menschen mit psychischen Vorerkrankungen, bedeutet die Pandemie aber eine besondere Belastung. „Wer psychisch bereits vorher labil war, und dazu nicht über ein intaktes soziales Netz verfügt, hat deutlich weniger Widerstandskraft“, weiß Fatih Keskin, Oberarzt an der Psychiatrischen Klinik Königshof. „Das merken wir zum Beispiel bei Patienten, die ihre einzigen Kontakte wie eine regelmäßige Selbsthilfegruppe, aufgeben mussten“, so Keskin. „Wir hatten aber auch einige Neuaufnahmen: darunter viele Menschen, die vor der Pandemie psychisch gesund waren, aber durch die abrupten Veränderungen aus der Bahn geworfen worden sind.“
So früh wie möglich Hilfe holen
Um einem „tiefen Absturz“ vorzubeugen, rät Keskin dringend, nicht zu lange zu warten, und Anzeichen für eine psychische Erschöpfung unbedingt ernst zu nehmen. „Gehen Sie achtsam mit sich um. Schlafen Sie genug. Bewegen Sie sich regelmäßig, und geben Sie ihrem Tag Struktur, auch wenn Sie im Homeoffice oder gar in Quarantäne sind“, betont der Psychiater. „Wenn Sie das Gefühl haben, es allein nicht mehr zu schaffen, holen Sie sich unbedingt Hilfe. Reden Sie mit Familie und Freunden und mit Ihrem Hausarzt. Ein guter Weg, sich selbst zu helfen, ist auch immer, anderen zu helfen. Vielleicht können Sie für einen Nachbarn in Quarantäne einkaufen oder einer Freundin Mut zusprechen. Gutes tun ist auch gut für die eigene Seele. Kein Weg aus der Krise ist auf jeden Fall der Suchtmittelkonsum. Der macht die Probleme im Gegenteil schlimmer – also Finger weg von Alkohol, Tabletten oder dem täglichen Joint“, so Keskins eindeutiger Appell.
Und auch jetzt, wo die Pandemie langsam auszuklingen scheint, ist das Problem leider nicht vorbei. Psychische Erschütterungen, sei es durch den Verlust eines Angehörigen, eine eigene schwere Erkrankung oder wirtschaftliche Existenzprobleme, können zu seelischen Verletzungen führen, die sich oft erst nach Ende des schwerwiegenden Erlebnisses auswirken. So wie man es schon in vielen Fällen bei Überlebenden von Kriegen, Verfolgung oder anderen Katastrophen festgestellt hat. Es ist nicht immer vorbei, wenn es vorbei ist!
Kostenloser Online-Vortrag
Menschen, die durch die Pandemie ein Trauma erlitten haben oder weiterhin psychisch unter den Alltagseinschränkungen durch das Corona-Virus leiden, können sich vertrauensvoll an die Klinik Königshof wenden. Wer sich über dieses Thema informieren möchte, ist herzlich eingeladen, am 22. März, um 17 Uhr an dem Online-Vortrag von Oberarzt Fatih Keskin teilzunehmen. Anmelden kann man sich unter diesem Link der Klinik Königshof. Weitere Infos bei Cornelia Kahlert: 02151-82339996.
Klinik Königshof
Am Dreifaltigkeitskloster 16
47807 Krefeld
Telefon: 02151-8233 00 – Für Notfälle: 02151-8233-6032